Die Verlobte war erzrnt - Der Prsident ber Ein Jahr 11FREUNDE

Publish date: 2024-12-09

In der Schluss­phase der abge­lau­fenen Saison hätte der Thea­ter­leiter, Schau­spieler und RWO-Prä­si­dent eigent­lich in Berlin strippen sollen. Ging aber nicht. Sein Klub kämpfte um den Klas­sen­er­halt. Schnell wurde seine Rolle im Erfolgs­stück Ganz oder gar nicht“ neu besetzt – und Hajo Som­mers war im Sta­dion, als die Klee­blätter gegen den Tabel­len­letzten Wehen-Wies­baden ver­loren, beim Erz­ri­valen MSV Duis­burg punk­teten und schließ­lich den Tabel­len­führer SC Frei­burg besiegten. Wir spra­chen mit ihm über unsere aktu­elle Titel­story Ein Jahr mit RWO“.

Hajo Som­mers, die Ziga­rette danach: Wie war es für Euch?

Schön! Es war aber auch komisch. Du lässt Dich auf irgend­etwas ein, bei dem Du nicht weißt, was am Ende dabei heraus kommt. Das Expe­ri­ment mit Euch ist aber gut gelaufen. Und wir als Verein haben auch etwas daraus gelernt. Unsere wich­tigsten Themen werden ja im Text the­ma­ti­siert: Kann man mit unseren Mit­teln im Pro­fi­fuß­ball bestehen? Wo liegen womög­lich die Grenzen? Und welche Res­sen­ti­ments gibt es gegen­über unserem Pro­jekt?

Was haben Sie im Sommer 2008 gedacht, als wir wegen der Geschichte anfragten?

Ich habe sofort gesagt: Machen wir, schöne Idee!“ Dann musste ich das Expe­ri­ment intern aber erst einmal ver­kaufen, nicht so sehr dem Vor­stand, son­dern vor allem der sport­li­chen Lei­tung. Ich habe in diesem Moment aber gelernt: Das Wort Präsi“ ist zwar auf den ersten Blick nicht so viel Wert, aber es kann auch helfen. Man kann dann schon mal sagen: Wir machen das trotzdem!“

Manager Hans-Günter Bruns hat anfangs darauf beharrt, dass Spie­ler­ka­bine und Mann­schaftsbus Tabu­zonen sind…

Irgend­wann in der Rück­runde habe ich zum ersten Mal gespürt, dass sich seine Mei­nung änderte und er sich das vor­stellen konnte. Für diese Ent­schei­dung war sicher­lich sehr wichtig, dass Ihr mit ins Trai­nings­lager gefahren seid. Dort sind alle Betei­ligten offen­sicht­lich näher zusammen gerückt – und irgend­wann war mir klar, dass es gehen würde. Obwohl bis zu dem Zeit­punkt keiner von uns irgend­etwas gelesen hatte! Wir hatten aber mitt­ler­weile das Gefühl, dass wir Euch ver­trauen können.

Wir hatten ja eigent­lich auch noch darauf gehofft, eine Trai­ner­an­sprache vor einem Spiel mit­zu­er­leben. Warum fiel dieser letzte Vor­hang nicht?

Die Spie­ler­ka­bine ist bei uns ein Hei­ligtum, ver­gleichbar mit dem Schlaf­zimmer von ganz berühmten Men­schen. Dieses Hei­ligtum darf nur von Herrn Dietz und Herrn Bruns betreten werden sowie den Trai­nern und Betreuern. Sonst von nie­mandem, auch nicht vom Vor­stand oder Auf­sichtsrat. Dass Ihr nach dem Klas­sen­er­halt rein durftet, war schon etwas ganz Beson­deres. Dass strikte Zutritts­verbot gilt bei uns sonst sogar für die Trai­nings­ka­bine an der Land­wehr. In einem Satz: Der Herr Dietz will da keinen – drin – sehen!

Wie sind die ersten Reak­tionen aus dem Umfeld?

Es glaubt uns nie­mand, dass wir die Geschichte nicht vorher abge­nommen und Euch kom­plett freie Hand gelassen haben. Das große Bild von mir auf der Dop­pel­seite beweist das aber defi­nitiv. Mir wurde schon gesagt, dass ich darauf aus­sehe wie eine 65-jäh­rige Frau (lacht). Das Bild ist aber den­noch gut aus­ge­wählt. Der Mann, der mir gegen­über­steht, mit der Helmut-Schmidt-Gedächt­nis­mütze, sitzt jetzt seit drei Jahren hinter mir und ist wirk­lich einer der Schlimmsten aus der Mop­per­frak­tion.

Was hat Ihre Dau­er­ver­lobte, die Kaba­ret­tistin Ger­burg Jahnke, gesagt?

Meine Ver­lobte war regel­recht erzürnt über den Artikel. Wir haben eine Stunde lang beim Früh­stück dis­ku­tiert, weil ich es etwas anders sehe, näm­lich als kor­rekte Beschrei­bung. Frau Jahnke meinte hin­gegen: Das liest sich so, als ob ein paar Deppen, die keine Ahnung haben, mal ein biss­chen doof rum­ma­chen. Und die kommen auch noch aus der Pro­vinz, und des­halb sieht das in der Umkleide so aus.“ Ihre Sorge war, dass unsere Leis­tung nicht aus­rei­chend gewür­digt wird. Oder mit ihren Worten: Ihr über­legt Euch doch seit drei, vier Jahren etwas! Da steckt doch ganz viel Arbeit und Denke drin. Wenn das jetzt jemand in Ham­burg oder Berlin liest, denkt der aber: Wieder so ein paar bekloppte Ruhr­ge­bietler!“

Was sagt denn der Ruhr­ge­bietler von der Straße“?

Der Ober­hau­sener an sich hat Spaß an der Story und ist stolz, obwohl man zu 90 Pro­zent Euer Magazin vorher nicht kannte. Unser Sym­pa­thie­wert ist unmit­telbar nach Erscheinen in die Höhe geschnellt. Von denen würde auch nie­mand – anders als Frau Jahnke – auf die Idee kommen, dass wir als Schmud­del­verein dar­ge­stellt werden. Die sagen eher: Genauso is dat, weil et hier ein­fach nicht mehr Kohle gibt und wir machen da dat Beste draus! Letzt­end­lich ent­spricht das den Grund­werten, die wir auch für unsere Malocher“-Kampagne ver­wenden.

Als Zweit­li­ga­auf­steiger am Ende Tabel­len­neunter – da war wenig Platz für Kon­flikte. Welche haben Sie erfolg­reich vor uns ver­borgen?

Eigent­lich nur grund­sätz­liche Dis­kus­sionen im Vor­stand, ob man eine Ent­schei­dung über Spieler X am Ende der Saison treffen kann – oder ob man das zehn Wochen vorher machen muss. Es ging um den Unter­schied zwi­schen dem, was du als katho­li­scher Pfad­finder mora­lisch denkst und wie weit du das zurück­stellen musst, um das Pro­jekt RWO nicht zu gefährden. Wir kriegt ein Unter­nehmer seinen Arbeit­nehmer dazu, mög­lichst gut zu arbeiten, ohne die mensch­liche Kom­po­nente zu ver­nach­läs­sigen? Eine hun­dert­pro­zen­tige Lösung gibt es dafür nicht.

Wann hat Ersatz­stürmer Julian Lütt­mann also erfahren, dass der Trainer nicht mehr mit ihm plant?

Sehr spät, erst vor etwa vier Wochen. Er hat von der sport­li­chen Lei­tung aber immerhin schon vorher gesagt bekommen: Wenn Du einen anderen Verein hast, dann lassen wir Dich selbst­ver­ständ­lich gehen.“ Es war also nicht so, dass sich Lütti“ nicht etwas Neues hätte suchen können.

Schön, dass RWO irgendwo auch ein ganz nor­maler Klub war, zum Bei­spiel beim Zwei­kampf der Tor­warte Semmler und Pirson…

Die werden garan­tiert nicht mehr hei­raten! Zwei Tor­hüter, die hei­raten, gibt es in der Liga aber eh ganz selten, beson­ders wenn sie mehr oder weniger gleich­altrig sind wie die uns­rigen. Es wird sich aber auch bei uns noch Einiges ver­än­dern. Die Leis­tungs­an­for­de­rungen in der 2. Liga sind ein­fach ganz andere als vorher, jetzt kommen acht, neun neue Spieler dazu – unser Pro­jekt ist längst noch nicht abge­schlossen. Es wird sich in der neuen Saison zeigen, ob wir wieder eine solche Truppe auf­bauen können. Wenn ich Fuß­ball richtig begreife, ist das die große Kunst – jetzt wieder eine funk­tio­nie­rende Gemein­schaft her­zu­stellen.

Was hat sich wäh­rend der letzten Saison ver­än­dert?

Wir haben die Preise ange­hoben und Leute umge­setzt, was nicht unbe­dingt positiv ankommt beim Publikum. Es fühlen sich sehr viele Leute sehr unge­recht behan­delt, die dem Verein natür­lich schon 1902 zur Seite gestanden haben. Wir kommen aber leider nicht umhin, die Sache vor­an­zu­treiben. Der Vor­stand hat in der 2. Liga den­selben Leis­tungs­druck wie die Mann­schaft, die Klasse zu erhalten. Wir laufen seit drei, vier Jahren auf 120 Pro­zent, teil­weise auf 150, da treten auch Ermü­dungs­er­schei­nungen auf. Ich merke es an mir selbst: Ich werde mit jedem dünn­häu­tiger, der mich fragt, warum aus­ge­rechnet er keine Park­karte bekommt.

Wenn wir in einem Jahr noch einmal nach Ober­hausen kommen und nach­fragen, wie das zweite Jahr in Liga zwei gelaufen ist, werden wir dann noch alle Prot­ago­nisten unserer Geschichte antreffen?

Ja, bis zum Ende der Saison sollten wohl schon noch alle da sein. Es wird aber bestimmt weiter dis­ku­tiert werden, ob wir alles noch ehren­amt­lich schaffen können. Und es wird bestimmt sehr inter­es­sant, wie jeder Ein­zelne in der Saison 2009/10 mit dem gestie­genen Anspruchs­denken umgeht. Jetzt haben wir die Saison als Tabel­len­neunter beendet. Da kann man sich schon einmal fragen: Wie­vielter muss man im nächsten Jahr werden, damit wei­terhin alle zufrieden sind?

Was sagen denn die lokalen Kie­bitze kurz nach dem Trai­nings­auf­takt?

Es gibt viele Leute in der Stadt, die das genauso sehen wie ich: Erst einmal schauen, wie es im zweiten Jahr klappt, das wird viel schwerer als im ersten.“ Es gibt aber auch schon ganz viele, die schreien, dass wir im letzten Jahr so viel Geld ein­ge­nommen hätten, dass wir jetzt ins Risiko gehen müssten. Ihrer Mei­nung nach helfen uns nur noch erfah­rene Spieler aus der 1. und 2. Liga weiter, um schnellst­mög­lich oben anzu­greifen. Meine Ant­wort war in den letzten Tagen schon ein paar Mal: Wenn Du Geld hast, kauf Dir einen. Und den kannst Du mir dann gerne leihen!“

Diese Woche schlag­zeilte die NRZ: For­tuna Düs­sel­dorf nimmt sich Bei­spiel an RW Ober­hausen“. Wird Rot-Weiß Ober­hausen jetzt tat­säch­lich zu einem Vor­bild für die Branche?

Die Idee, dass sich Düs­sel­dorf an Ober­hausen ori­en­tiert, finde ich schwierig. Da müsste sich dort schon Einiges ver­än­dert haben. Was man nicht ver­gessen darf: Je weiter du nach oben rutschst, umso mehr ändern sich die Ansprüche, nicht nur die sport­li­chen. Wer will jetzt plötz­lich alles Chef sein? Selbst wir sind davor nicht gefeit. Es gab mas­sen­haft Anfragen bezüg­lich Vor­stand­ar­beit und Geschäfts­führer, sogar aus Süd­deutsch­land. Selbst in unserer halb­ver­schwo­renen Gemein­schaft kann ich mir vor­stellen, dass irgendwer plötz­lich erklärt: Jetzt kann ich es mir vor­stellen, auch mal Vor­stand zu machen.“ In der 1. Liga hätten wir bestimmt gleich fünf, sechs Kan­di­daten, die auf der Matte stehen und mit­teilen lassen: Ich im Vor­stand, finde ich super!“ In Düs­sel­dorf wäre das sicher noch extremer.

Und was sagt Ihr liebster Feind, die Deut­sche Fuß­ball-Liga?

Im Moment gar nichts. Unseren größten Kampf fechten wir aktuell mit der Sta­di­on­be­leuch­tung aus. Das Pro­blem: Wir haben 400 Lux zu wenig auf dem Rasen. Jetzt ist der Luchs aber auch wirk­lich ein vom Aus­sterben bedrohtes Tier. Wo sollen wir die jetzt her­kriegen? Wir bas­teln bereits seit drei Tagen an einer Lösung. Es gibt auch erste Mög­lich­keiten, die aber alle wieder mit Geld zu tun haben. Selbst kann ich leider nicht auf den Flut­licht­mast klet­tern. Ich habe wirk­lich keine Ahnung, wie man da eine Birne rein­kriegt.

Schluss­frage: Schon her­aus­ge­funden, warum Bun­des­li­ga­spieler unab­lässig Poker spielen?

Ich halte das für eine gesell­schaft­liche Erschei­nung, die inner­halb der Mann­schaft auf­ge­nommen wird. Pokern war ja mal wahn­sinnig hip, ist aber schon wieder auf dem abstei­genden Ast. Es gab vorher bei den Spie­lern auch eine Zeit, als Nin­tendo und Play­sta­tion ange­sagt waren. Da finde ich Kar­ten­spielen jetzt schon amü­santer. Es zocken aber auch längst nicht alle. Dass zum Bei­spiel Sören Pirson dartet, habe ich aus Eurem Heft erfahren. Und bei uns im Vor­stand pokert sowieso keiner – jeden­falls nicht mit Karten. Wir pokern eher mal mit der Stadt Ober­hausen oder bei Ver­trags­ver­hand­lungen.

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