Gruppencheck 11FREUNDE

Publish date: 2024-11-08

Dieser Text erscheint im Rahmen unserer Koope­ra­tion mit dem Tages­spiegel.

Dass die deut­schen Fuß­bal­le­rinnen bei der Welt­meis­ter­schaft in Aus­tra­lien und Neu­see­land eine ver­gleichs­weise ein­fache Gruppe zuge­lost bekommen haben, ist kein Geheimnis. Von den großen Nationen haben sie die besten Chancen, nicht nur in die K.o.-Phase ein­zu­ziehen, son­dern das auch als Erst­plat­zierter der Gruppe H.

Den Fehler, die Geg­ne­rinnen aus Marokko, Kolum­bien und Süd­korea zu unter­schätzen, dürfte das Team von Bun­des­trai­nerin Mar­tina Voss-Teck­len­burg den­noch nicht machen. Zumal die letzten beiden Test­spiele gegen Vietnam und Sambia alles andere als rund liefen und die deut­schen Fuß­bal­le­rinnen eine deut­liche Leis­tungs­stei­ge­rung bei der WM zeigen müssen.

Sambia als Gene­ral­probe vor der WM wurde von Voss-Teck­len­burg bewusst gewählt, da der Süd­afri­ka­meister eine ähn­liche Spiel­weise wie Kolum­bien auf­weist. Beide Nationen treten sehr kör­per­be­tont auf, zuweilen auch über die erlaubte Grenze hinweg. Die Kolum­bia­ne­rinnen sorgten vor Kurzem für einen Skandal bei einem Test­spiel gegen das iri­sche Natio­nal­team. Irland brach die Begeg­nung nach etwa 20 Minuten ab, weil es nach Angaben des iri­schen Ver­bandes Fai über­mäßig kör­per­lich“ aus­ge­tragen worden sei. Irlands Trai­nerin Vera Pauw sagte laut Medi­en­be­richten, ihre Spie­le­rinnen hätten gar Angst“ um ihre kör­per­liche Unver­sehrt­heit gehabt. Der kolum­bia­ni­sche Ver­band äußerte sich in einer Stel­lung­nahme auf der eigenen Inter­net­seite und wies darauf hin, dass die Spiel­re­geln ein­ge­halten worden seien.

Kolum­bien ist nach der Auf­takt­partie Deutsch­lands gegen Marokko am kom­menden Montag dann der zweite Vor­run­den­gegner und dürfte das DFB-Team im Kampf um den ersten Grup­pen­platz am meisten unter Druck setzen. Das kolum­bia­ni­sche Team, das von Nelson Abadía trai­niert wird, war bereits 2011 und 2015 bei der WM dabei und hat sich für das Tur­nier in Aus­tra­lien und Neu­see­land über die Süd­ame­rika-Meis­ter­schaft im eigenen Land qua­li­fi­ziert, bei der man bis ins Finale kam und dort knapp gegen Bra­si­lien verlor.

Kolum­bien setzt auf den talen­tierten Nach­wuchs

Bei Kolum­bien liegt die große Hoff­nung auf dem Nach­wuchs, die U17 wurde im letzten Jahr bei der WM in Indien Zweiter. Ein Zei­chen für die posi­tive Ent­wick­lung der Nation im Frau­en­fuß­ball in den letzten Jahren. Her­aus­zu­heben ist beim kolum­bia­ni­schen Team die mitt­ler­weile 18-jäh­rige Linda Cai­cedo, die nach dem Sommer zu Real Madrid wech­seln wird. Die hoch­ta­len­tierte Flü­gel­spie­lerin debü­tierte mit 14 Jahren im A‑Nationalteam. Ein Jahr später wurde bei ihr Krebs dia­gnos­ti­ziert, was sie nicht davon abhielt, nach erfolg­rei­cher Ope­ra­tion und Che­mo­the­rapie schnell wieder auf dem Platz zu stehen.

Neben Cai­cedo gilt ein beson­deres Augen­merk Cata­lina Usme, die die Schlüs­sel­spie­lerin im Umschalt­spiel ist. Nach Bal­ler­obe­rungen durch meist aggres­sives Pres­sing ist es Usme, die aus der Zen­trale heraus die Pässe spielen soll, um etwa Mayra Ramírez in der Sturm­spitze in Szene zu setzen. Sollte das Pres­sing aller­dings über­spielt sein, hat Deutsch­land gute Chancen, zu vielen Tor­mög­lich­keiten zu kommen.

Marokkos König plä­dierte für mehr För­de­rung des Frau­en­fuß­balls

Zum Auf­takt der Grup­pen­phase wartet aber erstmal Marokko auf die deut­schen Fuß­bal­le­rinnen, für das es die erste Teil­nahme an einer WM ist. Qua­li­fi­ziert hat sich die Nation über die Afri­ka­meis­ter­schaft im eigenen Land, bei der man im Finale gegen Süd­afrika verlor. Infol­ge­dessen ging ein Ruck durch die Nation und selbst König Mohammed VI. plä­dierte für mehr För­de­rung des Frau­en­fuß­balls. Bereits 2020 hatte der marok­ka­ni­sche Ver­band ent­spre­chende Maß­nahmen vor­ge­legt, die unter anderem in der Eta­blie­rung einer hei­mi­schen Pro­fi­liga, die National Pro­fes­sional Women’s Foot­ball Cham­pi­on­ship, mün­deten.

Trainer ist ein nicht unbe­kannter Fran­zose: Renal Pedro ist seit Ende November 2020 im Amt und trai­nierte unter anderem die Frauen von Olym­pique Lyon zwi­schen 2017 und 2019. Dort gewann er zweimal die Cham­pions League und die Liga, einmal gelang ihm sogar das Triple. Für ihn und seine Mann­schaft sind Stan­dards ein wich­tiger Faktor. Aus einer meist sta­bilen Defen­sive gelingt es den Marok­ka­ne­rinnen nur selten, gute Chancen her­aus­zu­spielen. Umso wich­tiger ist es, dass Stür­merin Rosella Ayane diese nutzt. Ayane dürfte die bekann­teste Spie­lerin ihrer Nation sein, sie steht der­zeit bei den Tot­tenham Hot­spurs unter Ver­trag.

Süd­ko­reas Trainer arbeitet mit Jürgen Klopp

Der letzte Gegner für Deutsch­land ist Süd­korea, das zum vierten Mal bei einer WM dabei ist, bis­lang mit mäßigem Erfolg. Das beste Ergebnis erzielte die Nation bei der Teil­nahme 2015, als sie erst im Ach­tel­fi­nale an Frank­reich schei­terte. Zuletzt wurde Süd­korea bei der Asi­en­meis­ter­schaft in Indien Zweiter nach einer 2:3‑Niederlage gegen China. Trainer seit Oktober 2019 ist Colin Bell, der in seiner Trai­ner­kar­riere 2015 mit dem 1. FFC Frank­furt die Cham­pions League gewann und schon bei Mainz 05 mit Jürgen Klopp zusam­men­ar­bei­tete.

Bell hat eine klare Vor­stel­lung, wie er Fuß­ball spielen möchte und ver­langt von seinem Team dazu viel Fle­xi­bi­lität in der tak­ti­schen Aus­rich­tung sowie das nötige Selbst­be­wusst­sein, auch gegen große Nationen auf Ball­be­sitz aus zu sein. Unab­dingbar ist dabei für ihn die zen­trale Mit­tel­feld­spie­lerin Ji So-yun, die bis zum Sommer 2022 beim FC Chelsea spielte. Die 32-Jäh­rige kann eine her­aus­ra­gende Technik vor­weisen und über­zeugte schon bei Chelsea mit ihren meist erfolg­rei­chen Dribb­lings. Umso schwie­riger dürfte es für das deut­sche Team werden, mit einem Angriffs­pres­sing gegen So-yun zum Erfolg zu kommen.

Am Ende gilt Deutsch­land in dieser Gruppe H als Favorit. Die anderen drei Nationen bewegen sich auf Augen­höhe, haben aber alle­samt das Poten­zial, das Team von Voss-Teck­len­burg zum Stol­pern zu bringen. Die Gruppe bei der Euro­pa­meis­ter­schaft in Eng­land im vorigen Jahr war zwei­fels­ohne deut­lich stärker besetzt. Doch von Deutsch­land braucht es ebenso viel Energie, Spiel­freude und Aggres­si­vität, um am Ende als Erst­plat­zierter in die K.o.-Phase ein­zu­ziehen.

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